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Das Planungssicherstellungsgesetz und Formate der Online-Beteiligung

 
Professor Dr. Frank BrettschneiderProfessor Dr. Frank Brettschneider
ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Kommunikation bei Bau- und Infrastrukturprojekten, die Verständlichkeitsforschung, die Politische Kommunikation und das Kommunikationsmanagement. Frank Brettschneider ist u. a. Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung der Landesregierung Baden-Württemberg, im Wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen (WAR) der Bundesnetzagentur sowie im Wissenschaftlichen Beirat von IFOK.

Das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) war bis zum 31.3.2021 befristet. Am 26.1.2021 haben die Regierungsfraktionen der CDU/CSU und der SPD im Deutschen Bundestag den Antrag eingebracht, die Befristung bis zum 31.12.2022 zu verlängern (DS 19/26174). Der Deutsche Bundestag hat am 25.2.2021 diese Verlängerung beschlossen. Im Folgenden geht es um die Frage, welche Ziele mit dem PlanSiG verfolgt wurden. Zudem werden Online-Formate der Bürgerbeteiligung bei informellen Verfahren betrachtet.

 

Das Planungssicherstellungsgesetz

Die Corona-Pandemie hat auch Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden spätestens seit März 2020 vor Herausforderungen gestellt. So waren beispielsweise Präsenzveranstaltungen – etwa Erörterungstermine im Rahmen von Planfeststellungsverfahren – nicht mehr möglich. Und Verwaltungsgebäude waren teilweise für den Publikumsverkehr geschlossen. Um weitere Verzögerungen bei Infrastrukturmaßnahmen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber sehr schnell reagiert. Seit dem 20.5.2020 ermöglicht das Planungssicherstellungsgesetz die ordnungsgemäße Durchführung von Planungs- und Genehmigungsverfahren trotz Corona-Pandemie. Die Regelungen betreffen 23 Gesetze – überwiegend aus dem Umwelt- und Planungsrecht. Sie haben beispielsweise Auswirkungen auf den Netzausbau – unter anderem bei Verfahren nach dem NABEG, dem EnWG, dem ROG, dem UVP-Gesetz oder dem BImSchG.

Im Einzelnen sind Regelungen in folgenden Bereichen von Bedeutung:

  1. Öffentliche Bekanntmachung
  2. Öffentliche Auslegung von Unterlagen
  3. Erklärungen zur Niederschrift
  4. Erörterungstermine, mündliche Verhandlungen und Antragskonferenzen.

In allen diesen Bereichen wurde die grundsätzliche Möglichkeit eingeräumt, Präsenzformate durch digitale Formate zu ersetzen. So können Erklärungen zur Niederschrift auch per E-Mail abgegeben werden. Auslegungen vor Ort oder öffentliche Bekanntmachungen können durch Veröffentlichungen im Internet ersetzt werden. Und anstelle der gesetzlich zwingend vorgesehenen Erörterungstermine und mündlichen Verhandlungen können Online-Konsultationen eingesetzt werden (bei Einverständnis der Teilnehmenden auch als Telefon- oder Videokonferenz).

Information und Dialog

Aber nicht nur für die formalen Verfahren ist die Corona-Pandemie von Bedeutung. Auch für informelle Informations- und Dialog-Verfahren, die den formalen Verfahren oft vorausgehen oder diese begleiten, sind meist keine Präsenzveranstaltungen möglich.

Anders als bei den formalen Verfahren liegen hier aber schon länger Erfahrungen mit digitalen Formaten vor. So hat sich zu Informations-Zwecken der Einsatz von Projekt-Webseiten, Projekt-Blogs, Newslettern oder von Social Media (vor allem YouTube) bewährt. Und zu Dialog-Zwecken sind Online-Foren sowie Online-Karten (bei Standort- oder Trassen-Diskussionen) sinnvoll – allerdings meist in Kombination mit Offline-Formaten. Dann werden Anregungen und Sichtweisen online gesammelt, aber offline diskutiert.

Sowohl für Informations- als auch für Dialog-Zwecke relativ neu ist der Einsatz von Video-Konferenz-Tools (u.a. Zoom, WebEx, MS Teams). Sie haben seit Beginn der Corona-Pandemie eine starke Verbreitung erfahren. Die damit vorliegenden Erfahrungen im Zusammenhang mit Bau- und Infrastrukturprojekten sind bislang überwiegend positiv. Oft ist das Spektrum der Teilnehmenden größer als bei Präsenzveranstaltungen: An Video-Konferenzen nehmen häufiger auch mal jüngere Menschen teil. Auch sind Video-Konferenzen günstig für Menschen, die lange Anfahrtswege zu einer Veranstaltung haben. Ferner ist der Ton bei Video-Konferenzen in der Regel sachlicher als bei Präsenz-Veranstaltungen etwa in einer Stadthalle. Zudem melden sich im begleitenden Chat auch Menschen zu Wort, die sich das in einer Präsenzveranstaltung vor zahlreichen anderen Teilnehmenden nicht getraut hätten.

Allerdings: Einige Personen benötigen nach wie vor technische Unterstützung (schon beim Einwählen). Organisatoren sollten diese Unterstützung einplanen. Und nicht in allen Regionen ist die Bandbreite für Video-Konferenzen groß genug. Menschen dürfen aber nicht aus technischen Gründen ausgeschlossen werden. Daher sollten Organisatoren dann auch asynchrone Möglichkeiten bieten (z. B. Video-Mitschnitt der Vorträge; Möglichkeit, schriftlich Fragen einzureichen).

Schlussfolgerungen

Online-Formate sind notwendig, damit es Corona-bedingt nicht zum Stillstand von Planungs- und Genehmigungsverfahren kommt. Vor dem Hintergrund der gesammelten Erfahrungen bei formalen und bei informellen Verfahren lässt sich aber auch unabhängig von Corona festhalten:

  1. Online-Verfahren im Bereich der Einladung und der Dokumentation sind generell sinnvoll. Sie erleichtern den Zugang zu Informationen und erhöhen die Transparenz.
  2. Online-Verfahren sind auch im Bereich der Erklärungen generell sinnvoll, weil sie Handlungsabläufe für alle Verfahrensbeteiligten erleichtern.
  3. Online-Verfahren bei Erörterungen, mündlichen Verfahren und Antragskonferenzen können gute Ergänzungen von Präsenzveranstaltungen sein.
  4. Online-Verfahren im Bereich informeller Dialoge erweitern das Spektrum der Teilnehmenden. Dafür müssen digitale Mittel für Video-Konferenzen sinnvoll eingesetzt werden. Auch kommen hybride Formate sowie gestufte Verfahren (Online- und Präsenzformate folgen aufeinander) in Betracht.

* Der Beitrag erschien auch in der Ausgabe 1/2021 von VerNETZt der Bundesnetzagentur.